Das Meißener Massiv

Ein markanter Pluton im Zentrum Sachsens

In den Steinbrüchen im Weißeritztal zwischen Dresden und Freital sind Monzonite des Meißener Massivs aufgeschlossen.
In den Steinbrüchen im Weißeritztal zwischen Dresden und Freital sind Monzonite des Meißener Massivs aufgeschlossen.   © LfULG

Das Meißener Massiv ist der markanteste jungpaläozoische Pluton in Sachsen. Er ist aus intermediären und sauren Gesteinen aufgebaut: Diorit und Monzodiorit, Monzonit, Granit und Granodiorit sowie Leukogranit. Dass diese unterschiedlichen Intrusivgesteine gleichen Alters eng miteinander vergesellschaftet sind, deutet darauf hin, dass sie genetisch miteinander in Beziehung stehen.

Die Prozesse, die zur Bildung verschiedener magmatischer Gesteine zur gleichen Zeit am gleichen Ort geführt haben, können mit Hilfe geochemischer Methoden untersucht und charakterisiert werden. Wenzel et al. (1997, 1999, 2000) haben die Geochemie des Meißener Massivs erforscht. Sie interpretierten die Gesteine als eine Abfolge, deren SiO2-Gehalt von 42 auf 76 Gewichtsprozent zunimmt. Dies ist bei fortschreitender Differentiation eines Magmas durch die physikalische Abtrennung von Kristallisaten, z. B. durch deren Absinken, zu erwarten (Förster et al. 2008). Wenzel et al. (1997, 1999, 2000) testeten, ob sich die Elementsignatur der verschiedenen Gesteine aus einem Ausgangsmagma ableiten lässt. Dazu führten sie detaillierte Hauptelement-, Spurenelement- und Isotopenuntersuchungen durch und modellierten Prozesse, die zu chemischen Veränderungen des Magmas führen. Im Ergebnis dieser Untersuchungen konnten sie zeigen, dass die Entwicklung des Meißener Massivs deutlich komplizierter ist, als es den Anschein hat, und nicht einfach aus der Differentiation eines Magmas erklärt werden kann. Stattdessen muss das Meißener Massiv aus verschiedenen Magmenquellen hervorgegangen sein. Dieses Untersuchungsergebnis passt gut zur syn-tektonischen Entstehung des Plutons an einer aktiven Transformstörung, in welcher Gesteine verschiedener Komposition aneinander vorbei bewegt werden.

Gesteinseinheiten des Meißener Massivs

Verbreitung der Gesteine des Meißener Massivs.
Verbreitung der Gesteine des Meißener Massivs.  

Diorit und Monzodiorit treten vor allem in der nördlichen Hälfte des Meißener Massivs auf. Sie weisen nur ca. 2 Prozent Quarz- und 12 Prozent Kalifeldspatgehalt am Modalbestand des Gesteins auf (Förster et al. 2008). Sie sind syn-tektonische Gesteine vom I-Typ und bildeten sich aus einem lithosphärischen Mantelmaterial, welches durch die Subduktionsprozesse der variszischen Gebirgsbildung geochemisch verändert war. Wird die subduzierte Lithosphäre in große Tiefen versenkt, erwärmt sie sich und gibt Gase und Fluide ab, welche leicht lösliche Elemente mit sich führen. Der darüber liegende Mantelkeil der Oberplatte wird an diesen von den Fluiden mitgeführten Elementen angereichert. Magmen, die später aus diesem angereicherten Mantel entstehen, führen die Elementsignatur der Magmenquelle mit sich. Wenzel et al. (2000) konnten zeigen, dass Diorit und Monzodiorit aus einem Mantel generiert wurden, unter den ozeanische Kruste subduziert worden war.

Der Monzonit nimmt den größten Teil des Meißener Massivs ein. Er hat einen Anteil an Quarz von 5-15 Prozent und Kalifeldspat von ca. 28 Prozent am Modalbestand des Gesteins (Förster et al. 2008). Er zeigt ebenfalls Strukturen und Gefüge einer syn-tektonischen Platznahme in der Transformstörung und gehört ebenfalls zum I-Typ. Trotzdem unterscheidet sich sein Chemismus signifikant von dem des Diorits. Wenzel et al. (2000) konnten aus ihren Modellierungen ableiten, dass sich die Magmen aus einem angereicherten lithosphärischen Mantel gebildet haben, unter den kontinentale Kruste subduziert worden war.

Granit und Granodiorit nehmen den zentralen Teil des Meißener Massivs ein. Sie weisen einen Anteil von Quarz von ca. 23 Prozent und Kalifeldspat von ca. 28 Prozent am Modalbestand des Gesteins auf (Förster et al. 2008). Ihr Magma bildete sich aus einer Mischung der Monzonitschmelzen mit Schmelzen, die aus kontinentaler Kruste entstanden (Wenzel et al. 1999). Sie lassen sich als Übergangsbildungen zwischen I- und A-Typ klassifizieren und nahmen ebenfalls syn-tektonisch Platz.

Der Riesensteingranit ist ein Leukogranit vom A-Typ, der sich erst post-kollisional bildete. Er entstand aus krustalen Schmelzen und enthält ca. 30 Prozent Quarz und 33 Prozent Kalifeldspat (Förster et al. 2008).

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Monzonit

Monzonit
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Granit

Hauptgranit
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Leukogranit

Leukogranit

Tektonische Stellung des Meißener Massivs

Tektonische Stellung des Meißener Massivs. Rechts: Geometrie und Lage des Meißener Massivs in der Elbe-Zone. Unten links: Paläogeographische Situation vor ca. 330 Ma nach Kroner et al. (2007). Die Elbe-Zone bildete eine dextrale Transformstörung zwischen
Tektonische Stellung des Meißener Massivs. Oben: Geometrie und Lage des Meißener Massivs in der Elbe-Zone. Unten links: Paläogeographische Situation vor ca. 330 Millionen Jahren nach Kroner et al. (2007). Die Elbe-Zone bildete eine dextrale Transformstörung zwischen Erzgebirge und Lausitz. Unten rechts: Verläuft die Störung nicht geradlinig, können an ihr Beckenstrukturen aufreißen.   © LfULG

Betrachtet ein Geologe die Kartenansicht des Meißener Massivs, springt ihm sofort dessen Form mit asymmetrisch ausgelängten Rändern ins Auge. Diese Form deutet darauf hin, dass das Meißener Massiv in eine Scherzone intudierte und, noch bevor es vollständig verfestigt war, mit in die Scherung einbezogen und deformiert wurde.

Tatsächlich ist das Meißener Massiv innerhalb einer bedeutenden Deformationszone gelegen. Es gehört zur tektonischen Großeinheit der Elbe-Zone, welche die nicht-metamorphen Gesteine des Lausitzer Blocks von den hochgradig metamorphen Gesteinen des Erzgebirges trennt. Die Elbe-Zone wird nach Kroner et al. (2007) zur südlichen Wrench-and-Thrust-Zone gezählt, der eine große Bedeutung während der Exhumierung der metamorphen Gesteine des Erzgebirges zukommt: Damit diese Gesteine aus großen Tiefen an die Erdoberfläche transportiert werden konnten, war eine tiefe Störung nötig, an welcher sich die Gesteine relativ zum Lausitzer Block bewegten. Kinematische Indikatoren in den Gesteinen der Elbe-Zone zeigen, dass es sich dabei um eine dextrale Transformstörung handelte, an welcher der Lausitzer Block südostwärts relativ zum Erzgebirge versetzt wurde.

Verlaufen Transformstörungen nicht gerade, sondern gebogen, können sich an ihnen große Dehnungszonen bilden. Das Meißener Massiv wird an seiner Nordost- und Ost-Seite durch die Westlausitzer Störung begrenzt, welche einen stark gebogenen Verlauf hat. Ihr Pendant auf der Südwest-Seite ist die Meißener-Massiv-Südwest-Rand-Störung, die nördlich und südlich des Massivs wieder mit der Westlausitzer Störung zusammenläuft. Als sich der Lausitzer Block in südöstliche Richtung bewegte, musste sich entlang der Biegung der Westlausitzer Störung eine Dehnungsstruktur öffnen, in welche Magmen eindringen konnten. Dass die Deformation auch nach der Magmenintrusion noch anhielt, zeigt die asymmetrische Form des Massivs, kann aber auch im Feld an Geländedaten nachgewiesen werden, z.B. an asymmetrisch deformierten Mineralkörnern.

Radiometrische Altersdaten für die Kristallisation des Meißener Massivs liegen zwischen 334 und 326 Millionen Jahren (Nasdala et al. 1999, Hofmann et al. 2009). Dieses Alter liefert eine wichtige Zeitmarke für die Aktivität der Elbe-Zone als dextrale Transformstörung. Diese fiel mit der Exhumierung der metamorphen Gesteine des Erzgebirges zusammen, hielt aber noch länger an.

Gesteine des Meißener Massivs erleben

Quellenangaben

Förster, H.-J., Tischendorf, G., Pälchen, W., Benek, R., Seltmann, R., Kramer, W. (2008): Spätvariszischer Magmatismus. In: Pälchen, W., Walter, H. (Hrsg.). Geologie von Sachsen - Geologischer Bau und Entwicklungsgeschichte. Schweitzerbart Stuttgart, 257-296.

Hofmann, M., Linnemann, U., Gerdes, A., Ullrich, B., Schuer, M. (2009): Timing of dextral strike-slip processes and basement exhumation in the Elbe Zone (Saxo-Thuringian Zone): the final pulse of the Variscan Orogeny in the Bohemian Massif constrained by LA-SF-ICP-MS U–Pb zircon data. In Murphy, J.B., Keppie, D.J., Hynes, A.J. (Eds.) Ancient Orogens and Madern Analogues. Geol. Soc. London Spec. Pub. 327, 197-214.

Kroner, U., Hahn, T., Romer, RL., Linnemann U. (2007): The Variscan Orogenyin the Saxo-Thuringian zone – Heterogenous overprint of Cadomian/Paleozoic Peri-Gondwana crust. In Linnemann, U., Nance, R.D., Kraft, P., Zulauf, G. (Eds.) The Evolution of the Rheic Ocean: From Avalonian-Cadomian Active Margin to Alleghenian-Variscan Collision. Geol. Soc. Am. Spec. Pap. 423, 153-172.

Nasdala, L., Wenzel, T., Pidgeon, R.T., Kronz, A. (1999): Internal structures and dating of complex zircons from Meissen Massif monzonites, Saxony. Chemical Geology 159, 331–341.

Wenzel, T. (1997): Magmenquellen und tektonische Stellung variscischer K-reicher Plutonite und Lamprophyre des Meissener Massivs (Sachsen) und Vergleiche mit anderen K-reichen Intrusionen in den Mitteleuropäischen Varisciden. Habilitationsschrift, Universität Mainz, 1-238.

Wenzel, T. (1999): Mantel- und Krustenkomponenten in den Granitoiden des Meißener Massivs (Elbezone). Z. geol. Wiss. 27/5-6, 417-426.

Wenzel, T., Oberhänsli, R., Mezger, K. (2000): K-rich plutonic rocks and lamprophyres from the Meissen Massif (northern Bohemian Massif): geochemical evidence for variably enriched lithospheric mantle sources. N. Jb. Miner. Abh. 175, 249-293.

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