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Das Gestein des Jahres ist Suevit

Eingangsportal zu Specks Hof in Leipzig.
Eines der Portale der ältesten erhaltenen Einkaufspassage in Leipzig besteht aus Suevit.  © Jan-Michael Lange, SNSD

Vor etwa 14,8 Millionen Jahren ereignete sich im Herzen Süddeutschlands ein kosmischer Einschlag, als ein gewaltiger Asteroid mit einem Durchmesser von etwa 1,5 Kilometer auf die Erde stürzte. Dieser Aufprall führte zu einer dramatischen Schockwelle, die den Untergrund der heutigen schwäbisch-fränkischen Alb erschütterte und gewaltige Mengen an Material in die Atmosphäre schleuderte. Heute findet man im und um den Krater das Impaktgestein Suevit – Das Gestein des Jahres 2024.

Vorkommen und Verwendung

Belemniten mit Kegelform, die durch den Impakt in kleine Stücken zerbrochen wurden und dann wierder verheilt sind.
Die Belemniten, Fossilien aus dem Untergrund des Nördlinger Ries', wurden beim Impakt zertrümmert (english: shattered) und sind anschließend wieder verheilt.  © Sammlung Dietmar Leonhardt, Freiberg.

Der Suevit ist ein Gestein, das durch den Aufschlag eines Asteoriden entstanden ist, ein sogenannter Impaktit. Es handelt sich um eine aus verschiedenen Gesteinsbruchstücken des Untergrunds zusammengesetzte Brekzie. Außerdem sind auch nennenswerte Anteile von ehemals durch den Asteorideneinschlag aufgeschmolzenem Material charakteristisch. Eine Besonderheit im Suevit sind die Minerale Stishovit und Coesit, die nur bei extrem hohen Drücken und Temperaturen entstehen.

Der Name Suevit geht auf die Erstbeschreibung im Nördlinger Ries im Jahre 1919 zurück, bedeutet »Schwabenstein« und leitet sich vom lateinischen Suevia für Schwaben ab. Erst in den 1960er Jahren konnte die Entstehung des Rieskraters und damit auch die des Suevits mit einem Impakt erklärt werden. Heutzutage wird der Name Suevit weltweit für Gesteine verwendet, die durch einen Impakt entstanden sind.

Der Suevit lässt sich gut bearbeiten und wurde deshalb schon von den Römern als Baustein verwendet. Bekanntes Beispiel aus späterer Zeit ist die 1505 fertiggestellte St. Georgskirche in Nördlingen mit ihrem 90 m hohen Turm »Daniel«. Auch die Nördlinger Stadtmauer und viele repräsentative Gebäude in der Stadt sind aus Suevit erbaut. Überregionale Beispiele seiner Verwendung sind vor allem aus der Zeit um die Wende zum 20. Jahrhundert bekannt. Verwendung fand das Gestein in den Eingangsportalen besonders bedeutender Gebäude, so in der Oberpostdirektion Grottenau in Augsburg (1908), der Außenstelle des Eisenbahn-Bundesamtes in München (1916), des Königlich-Bayerischen Postamtes am Ostbahnhof in München (ca. 1910) und dem Haupttelegraphenamt in Berlin (1916).

Für die Produktion von Trasszement wird der Suevit noch heute in zwei Steinbrüchen abgebaut.

Was hat der Suevit mit Sachsen zu tun?

Aufschlusswand mit Lockergestein einer Sandgrube
In den fluviatilen Kiesen und Sanden aus dem Tagebau Laußnitz bei Ottendorf-Okrilla wurden zahlreiche Moldavite gefunden.  © LfULG

Der Asteroideneinschlag im Nördlinger Ries war das bedeutendste kosmische Ereignis in der jüngeren Erdgeschichte Mitteleuropas. Seine Auswirkungen reichen weit über die heute noch sichtbare Verbreitung des Suevits hinaus - so auch bis nach Sachsen. Hier findet man Steufelder von Moldavit. Dabei handelt es sich um grünliche, wenige Zentimeter große Glasobjekte, die beim Einschlag unter hohen Drücken und Temperaturen geschmolzen und mit mehreren Kilometern pro Sekunde teilweise im Plasmazustand ausgeschleudert wurden. Während des Fluges kühlte das Material rasch ab und erstarrte glasig. Die Moldavite wurden bis zu 450 Kilometer weit durch die Luft transportiert und fielen dann wieder auf den Erdboden. Sie werden auch Tektite genannt (von griechisch tektos, geschmolzen) und erfreuen sich bei Sammlern großer Beliebtheit.

Am bekanntesten sind die in der Lausitz verbreiteten Moldavit-Streufelder der Rauno-Formation. Weniger bekannt, aber durch die intensive Braunkohlenerkundung gut dokumentiert, sind zwei Sedimentationserscheinungen in der Meuro-Formation (Mittelmiozän) der Lausitz. Es handelt sich um den Heider Spezialton (heller kaolinitischer Ton zwischen Heide und Klettwitz) und die Seeser Sande. Letztere liegen bereits im Süden Brandenburgs.

Tropfenförmige Glasstücken in grüner Farbe von 2 bis 3 cm Größe.
Sehr schöne Moldavite findet man auch in Südböhmen, hier aus Ločenice. Die lange Bildkante beträgt ca. 5 cm.  © Sammlung Dietmar Leonhardt, Freiberg
Eingangsportal zu Speck's Hof in Leipzig mit Tieren, Menschen und Pflanzen aus Suevit
Speck's Hof in Leipzig: Bemerkenswert sind die in den Portalen sichtbaren phantasievollen Figuren. Hier mit einer Echse unter Farnblättern, fliegenden Fischen oder einer Figur unter einem Riesenfliegenpilz. Diese Steinmetzarbeiten bestehen aus Suevit.  © Fiona Lapp

In Speck's Hof in Leipzig wurde Suevit in zwei Portalen verwendet. Das Geschäftshaus wurde 1909 erbaut und enthält die älteste erhaltene Ladenpassage von Leipzig. Bemerkenswert sind die phantasievollen Figuren im Suevit in den Portalen mit Palmblättern, einer Riesenechse, Eulenspiegel und einer Figur unter einem Riesenpilz. Phantasie und Spiel mit dem Stein sind in der Bildhauerei seit Michelangelo akzeptiert. Aber nur zu spielen und zu dekorieren, ohne eine mythologische Aussage zu machen, das kann man sich erst seit dem späten 19. Jahrhundert erlauben. Leipzig ist die Stadt des Buches. Adler, Löwe und Krebs waren die Lieblingstiere der Leipziger Verleger und Buchdrucker und hatten damit eine besondere Bedeutung.

Wer kürt das Gestein des Jahres?

Das »Gestein des Jahres« wird jährlich von einem Expertengremium unter Leitung des Berufsverbands Deutscher Geowissenschaftler e.V. (BDG) mit maßgeblicher Beteiligung sächsischer Landesgeologen ausgewählt. Ziel ist es, Gesteine, die aufgrund ihrer geologischen Entstehung und wirtschaftlichen Bedeutung bemerkenswert sind, in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Taufe des Gesteins des Jahres 2024

Die Präsentation und Taufe des Gesteins des Jahres 2024 erfolgt in Zusammenarbeit mit dem UNESCO Global Geopark Ries, dem RiesKraterMuseum in Nördlingen, der Märker Zement GmbH, dem Bayerischen Industrieverband Baustoffe, Steine und Erden e.V. (BIV), dem Bayerischen Geologischen Landesamt im Landesamt für Umwelt (LfU), der Schwenk Zement GmbH & Co. KG und den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden. Im Rahmen von Veranstaltungen und Publikationen wird die Öffentlichkeit ein Jahr lang über das ausgewählte Gestein, seine Geologie, seine Funktion im Naturraum, seine Verwendung und seinen Abbau informiert. Veranstaltungen zum Gestein des Jahres werden auf der Internetseite des BDG (www.geoberuf.de) angekündigt.

Das Gestein des Jahres ist sächsisch!

Ein Gestein des Jahres, den Granit, gab es erstmals im Jahr 2007. Die Idee hatte der frühere Vizepräsident des damaligen Landesamtes für Umwelt und Geologie (LfUG), Dr. Werner Pälchen.

Über den BDG, den Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e. V.

Der BDG Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e. V. vertritt seit nahezu 40 Jahren die Interessen des Berufsstandes der deutschen Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftler. Der BDG ist damit zentraler Ansprechpartner bei allen berufsständischen Belangen der verschiedenen Geo-Branchen, wie beispielsweise Umweltgeologie, Geotechnik, Rohstoffgeologie, Hydrogeologie, Schadstofferkundung, geophysikalische Erkundung, Geothermie, Wissenschaft oder Abfallwirtschaft. Derzeit hat der BDG 2.000 Mitglieder, darunter mehr als 140 Firmen und Unternehmen aus allen Bereichen der Geowissenschaften.

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