Die Grauwacke ist Gestein des Jahres
Feierliche Taufe der Grauwacke zum Gestein des Jahres
Die Taufe der Grauwacke als Gestein des Jahres fand im sächsischen Falkenstein am 22. April 2023, dem Tag der Erde, statt. Vollzogen wurde sie unter Beisein der Schirmherrin des Geo-Umweltparks Vogtland und Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas. Organisiert wurde die sehr gut besuchte Taufveranstaltung vom Geo-Umweltpark Vogtland unter Beteiligung des LfULG und des Berufsverbands Deutscher Geowissenschaftler (BDG).
Geboten wurde ein attraktives Rahmenprogramm mit Vorträgen zur Grauwacke, Auftritten des Rock´n´ Roll Clubs Lengefeld, der live gespielten Sage vom »Falkenstein« sowie einem fachkundigen Stadtrundgang zu den Natursteinen im Stadtbild.
Überall auf der Welt ein Begriff
Es gibt Begriffe aus dem Deutschen, die in den internationalen Sprachgebrauch übernommen wurden. »Kindergarten“, »Schnitzel«, »Schnaps« oder »Wirtschaftswunder« sind bekannte Beispiele, die in den Sprachen der Welt weitverbreitet sind. Auch der altertümlich anmutende Name der Grauwacke, des Gesteins des Jahres 2023, wird weltweit fast unverändert verwendet; so spricht man im Spanischen von grauvaca, im Englischen von greywacke (oder graywacke) und im Russischen von граувакка (grauvakka).
Bergleute aus dem Harz sprechen mindestens seit 1780 von Grauwacken. Auch Johann Wolfgang von Goethe (1749 bis 1832) war die Graue Wacke vom Harz 1783 ein Begriff. Der Kontakt von Grauwacke und Granit am heutigen Goetheplatz am Rehberg war für ihn Beleg, dass alle Gesteine aus dem Meer auskristallisiert sind. Er war Anhänger des Neptunismus. Heute wissen wir, dass der Brockengranit vor 295 Millionen Jahren in die karbonische Grauwacke intrudiert ist.
Was ist Grauwacke?
Grauwacke bezeichnet einen meist dunkelgrau bis braungrau gefärbten polymikten Sandstein, dessen klastische Komponenten aus Quarz, Feldspat und Gesteinsbruchstücken wie z. B. Vulkaniten, Lydit und Quarzit bestehen. Weitere Gemengteile sind Glimmer, Chlorit und Tonmineralien. Das Gefüge ist fein- bis grobkörnig, mitunter auch feinkonglomeratisch. Typisch für Grauwacken ist eine schlechte Sortierung des Korns und oft eine gradierte Schichtung.
Wofür wird Grauwacke verwendet?
Die Grauwacke ist ein variantenreicher und sehr beständiger Naturstein. Wegen seiner Haltbarkeit und der sehr guten Pflegeeigenschaften wird sie gerne als Mauerstein, für Terrassenplatten oder auch als klassischer Pflasterstein verwendet, kommt aber auch als Wasserbaustein, für Schotter und Splitt oder als Zuschlagstoff für Asphalt und Beton zum Einsatz. In der Vergangenheit fand die Grauwacke auch vielfach im Hochbau Verwendung: als Verblendmauerwerk für Brücken oder Staudämme, z.B. am Damm der Edertalsperre.
In den Abbauregionen findet sich das Gestein in zahlreichen profanen und kirchlichen Bauwerken, häufig im Sockelbereich aber auch an Fassaden, z.B. an den Kirchen in Gummersbach, im karolingischen Mauerwerk des Aachener Doms und auch im Kreuzgang des Magdeburger Doms.
Im Wadi Hammamat (Ägypten) wurde eine charakteristisch schwarzgrüne Grauwacke abgebaut, aus der Bildhauer Statuen und Reliefs schufen, die heute in vielen Museen der Welt zu bewundern sind.
Wo kommt Grauwacke in Sachsen vor?
Grauwacken sind in Sachsen weitverbreitet. Es werden erdgeschichtlich zwei Bildungszeiträume unterschieden. Die cadomischen Grauwacken die in Nordsachsen vom Leipziger Raum bis in die Lausitz anzutreffen sind sowie die variszischen Grauwacken, die überwiegend im Vogtland und im Görlitzer Schiefergebirge vorkommen.
Gegenwärtig existieren noch sechs aktive Grauwackensteinbrüche in Sachsen, wobei die Steinbrüche Brößnitz/Schieferberg und Ebersbach/Wetterberg im Landkreis Meißen liegen. Alle anderen befinden sich im Landkreis Bautzen. Konkret sind das die Grauwacken-steinbrüche in Bernbruch, Dubring II, Lieske-Oßling und Schwarzkollm. Da Grauwacke aufgrund ihrer natürlichen Gesteinsfestigkeit keine Standsicherheitsprobleme verursacht, erfolgt der Abbau als Kesselbruch in die Tiefe. Die Strossenhöhe schwankt dabei zwischen 10 und 20 m. Schwarzkollm und Lieske-Oßling zählen nicht nur zu den flächenmäßig größten Steinbrüchen sondern mit aktuell ca. 70 m Tiefe auch zu den tiefsten Steinbrüchen im Freistaat Sachsen. Der bereits seit 1927 betriebene Steinbruch Ebersbach/Wettersberg erreicht sogar inzwischen eine Tiefe von ca. 100 m.
Das sächsische Fachinformationssystem Rohstoffe (FIS-Rohstoffe) enthält Daten zu rund 1500 Steine-und Erden-Vorkommen der Rohstoffgruppe »Festgesteine außer Karbonate«, die in der Karte der oberflächennahen Rohstoffe im Maßstab 1:50.000 (KOR50) dargestellt werden. 76 Flächen und Datensätze beschreiben hierbei die örtliche Verbreitung und Eigenschaften von Grauwacke-Vorkommen; dies entspricht rund 5 % der genannten Rohstoffgruppe. 17 Grauwacke-Vorkommen sind mit einem erkundeten, 15 mit einem gefolgerten und 34 mit einem vermuteten Kenntnisstand im FIS-Rohstoffe erfasst.
Und wo gibt es sonst Grauwacke?
Grauwacke ist weltweit verbreitet. Man findet sie nicht nur in verschiedenen Regionen der Britischen Inseln, sondern auch in den neuseeländischen Südalpen. In Österreich existiert zwischen den Zentralalpen im Süden und den nördlichen Kalkalpen die Grauwackenzone, namensgebend sind die darin vorkommenden charakteristischen Grauwacken.
Grauwacken kommen in Deutschland unter anderem im Rheinischen Schiefergebirge, im Harz, im Sauerland, in der Eifel, Frankenwald und im Thüringischen Schiefergebirge vor. In Deutschland wird Grauwacke in 21 Steinbrüchen gewonnen.
Wer kürt das Gestein des Jahres?
Das »Gestein des Jahres« wird jährlich von einem Expertengremium unter Leitung des Berufsverbands Deutscher Geowissenschaftler e.V. (BDG) mit maßgeblicher Beteiligung sächsischer Landesgeologen ausgewählt. Ziel ist es, Gesteine, die aufgrund ihrer geologischen Entstehung und wirtschaftlichen Bedeutung bemerkenswert sind, in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Was passiert im Jahr der Grauwacke?
Nach der Taufe der Grauwacke sind deutschlandweit weitere Veranstaltungen in Planung. Verschiedene Akteure stehen auch in diesem Jahr in den Startlöchern, um mit der Grauwacke auf die Bedeutung der Geologie hinzuweisen.
Das Gestein des Jahres ist sächsisch!
Ein Gestein des Jahres, den Granit, gab es erstmals im Jahr 2007. Die Idee hatte der frühere Vizepräsident des damaligen Landesamtes für Umwelt und Geologie (LfUG), Dr. Werner Pälchen.
Über den BDG, den Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e. V.
Der BDG Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e. V. vertritt seit nahezu 40 Jahren die Interessen des Berufsstandes der deutschen Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftler. Der BDG ist damit zentraler Ansprechpartner bei allen berufsständischen Belangen der verschiedenen Geo-Branchen, wie beispielsweise Umweltgeologie, Geotechnik, Rohstoffgeologie, Hydrogeologie, Schadstofferkundung, geophysikalische Erkundung, Geothermie, Wissenschaft oder Abfallwirtschaft. Derzeit hat der BDG 2.000 Mitglieder, darunter mehr als 140 Firmen und Unternehmen aus allen Bereichen der Geowissenschaften.