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Historisches

Die Entstehung und Geschichte des Sächsischen Geologischen Dienstes

1778 legte der an der Bergakademie lehrende Johann Friedrich Wilhelm v. Charpentier eine »Mineralogische Geographie der Chursächsischen Lande« mit einer farbigen »Petrographischen Charte« vor. Sie ist als Ausgangspunkt einer Geologischen Landesuntersuchung zu sehen.

Die 1778 von Johann Friedrich Wilhelm von Charpentier (1738-1805) veröffentlichte »Petrographische Charte des Churfürstentums Sachsen« gilt als erste geologische Karte Sachsens.

Die »Petrographische Charte des Churfürstentums Sachsen« gilt als erste geologische Karte Sachsens, Quelle: LfULG

Die Herausbildung einer geologischen Landesaufnahme in Sachsen war ein Erfordernis der industriellen Entwicklung. Sie stand in engem Bezug zum Sächsischen Oberbergamt und der ihm bis 1869 nachgeordneten, 1765 gegründeten Bergakademie.1798 erhielt der 1778 an die Bergakademie berufene Abraham Gottlob Werner vom Oberbergamt den Auftrag zu einer »geognostischen Landesuntersuchung«, deren Ziel vorrangig das Aufsuchen von Steinkohlen war.

Bildnis von Bergrat Abraham Gottlob Werner (1749-1817), der als Professor an der Bergakademie Freiberg tätig war und die Geologie unter der Bezeichnung Geognosie als eigenständige Wissensgebiet von der Oryktognosie (=Mineralogie) abtrennte.

Bergrat Abraham Gottlob Werner (1749-1817), Quelle: LfULG

Die Aufgabe zu einer kartographischen Zusammenfassung des regionalgeologischen Kenntnisstandes erhielt 1835 Carl Friedrich Naumann, der bis 1835 Professor in Freiberg, danach in Leipzig war. Er erarbeitete in Zusammenarbeit mit Bernhard Cotta und auf Grundlage eigener geologischer Geländearbeiten 1835 bis 1845 mit elf Blättern die »Geognostische Specialkarte des Kgr. Sachsen und der angrenzenden Länderabteilungen« im Maßstab 1 : 120 000 als erstes flächendeckendes Werk.

Durch die bereits die Mitte des 18. Jahrhunderts einsetzende industrielle Entwicklung in Großbritannien war hier schon 1835 der erste Geologische Dienst gegründet worden. 1849 folgte in Österreich die Gründung der k. u. k. Geologischen Reichsanstalt. Im späteren Deutschland wies Bayern schon 1850 eine »Geognostische Landesuntersuchung« auf. Die Gründung der flächenmäßig am weitesten zuständigen Preußischen Geologischen Landesanstalt erfolgte nach langer Vorbereitung 1873.

Industrielle Revolution

Nach einer Eingabe der Leipziger, Freiberger und Dresdner Professoren Naumann, Cotta und Geinitz fasste Anfang 1872 die Sächsische Landesregierung mit Zustimmung der beiden Ständekammern den Beschluss zur Durchführung einer neuen Geologischen Landesaufnahme. Sie beauftragte damit den Leipziger Professor Hermann Credner.

Eigens dafür hatte der sächsische Generalstab als Kartengrundlage eine topographische Karte im Maßstab 1 : 25 000 bereit zu stellen, die erstmalig in Deutschland auf metrischer Grundlage geschaffen worden war. Diese genauere geologische Spezialkarte hatte zur Aufgabe, geologisch fundierte Grundlagen für die Aufsuchung der von Industrie und Gewerbe benötigten Brenn-, Roh- und Baustoffen sowie die erforderlichen Informationen zum Baugrund für den Eisenbahn-, Brücken- und später auch Talsperrenbau zu liefern.

Hanns Bruno Geinitz war als Geologe, Mineraloge und Paläontologe in Dresden tätig. Hermann Credner wurde 1872 mit der Leitung der Geologischen Landesaufnahme betraut und war erster Direktor des Sächsischen Geologischen Landesamtes

Links: Geologe, Mineraloge und Paläontologe Hanns Bruno Geinitz (1814-1900), rechts: erster Direktor des Sächsischen Geologischen Landesamtes Hermann Credner (1841-1913), Quelle: LfULG

In der ersten Tätigkeitsperiode der Geologischen Landesuntersuchung wurden 1875/76 mit Chemnitz, Lichtenstein und Zwickau die ersten drei Blätter der neuen »Geologischen Specialkarte des Königreiches Sachsen« vorgelegt. Die Herausgabe dieses Kartenwerkes kam 1908 zum Abschluss. Das sogenannte Granulitgebirge zwischen Rochlitz und Rosswein erhielt 1884 eine eigene Darstellung 1 : 100 000. Parallel erschienen Übersichten zu den Steinkohlenrevieren Zwickau (1877), Oelsnitz (1891) und Döhlen (heute zu Freital gehörig) (1892). Von Interesse für die Volksbildung waren Geologische Übersichtskarten 1 : 250 000 und 1 : 500 000, die 1908 und 1910 auf einer neuen, gegenüber älteren Kartenwerken verbesserten Faktenlage erschienen. Noch heute unentbehrlich sind die Monographien der Erzlagerstätten bzw. Erzgänge von Berggießhübel 1890, Annaberg 1894 und Freiberg 1901. Hingewiesen werden soll auch auf die geologische Profilierung sächsischer Eisenbahnstrecken zwischen 1873 bis 1894. In Verbindung mit der geologischen Geländeaufnahme wurden als Belege verschiedene Sammlungen angelegt. Später als Regional-, Sektions- und Dünnschliffsammlung bezeichnet, werden sie heute vom Landesamt für Umwelt Geologie und Landwirtschaft im Sächsischen Gesteins-Analytikzentrum am Dienstort Freiberg verwahrt.

Zweite Tätigkeitsperiode

Die 1908 einsetzende zweite Tätigkeitsperiode der sächsischen Landesgeologie, die seit 1924 die Bezeichnung Sächsisches Geologisches Landesamt trug, ist bestimmt durch die Erarbeitung zahlreicher Talsperrengutachten – so 1908/12 für Klingenberg, Malter und Muldenberg – ab 1935 von Gutachten für den Autobahnbau sowie um 1915 von einer Berechnung der in Sachsen nachgewiesenen und vermuteten Braunkohlenvorräte. Aufgebaut wurde ab 1922 ein Landesgrundwasserdienst, der 1925 als einziger in Europa bestand und über 850 Messstellen sowie 248 Messquellen verfügte. Die Einrichtung eines Bodendatenfundus, die Erfassung von Bodenerosionen sowie Gutachten zur Rekultivierung von Bergbaugebieten zeugen von den erweiterten Aufgaben der Landesgeologie.

Bestimmend für die Arbeit des Geologischen Landesamtes war weiterhin die geologische Kartierung für den Maßstab 1 : 25 000. Als Arbeitsgrundlage diente nun das für Deutschland verbindliche Messtischblatt, die heutige Topographische Karte 1 : 25 000. Der von der alten sächsischen Karte 1 : 25 000 abweichende Blattschnitt ließ keine einfache Revision zu, sondern erforderte jeweils Neubearbeitungen, von denen bis 1932 vierzig erschienen.

Kurt Pietzsch (1884-1964). Leiter der Dienststelle 1934-1945 und 1948-1958

Kurt Pietzsch (1884-1964) war Leiter der Dienststelle zwischen 1934-1945 und 1948-1958, Quelle: LfULG

 

Leiter der Geologischen Landesuntersuchung waren nach Hermann Credner ab 1912 Hans Stille, ab 1913 Franz Kossmat, 1934 bis 1945 Kurt Pietzsch.

Um die Institutionen des Geo- und Montanwesens zusammen zu führen, wurde 1937 das Geologische Landesamt nach Freiberg verlegt. Hier wurde es Zweigstelle Freiberg der Reichsstelle (ab 1941 des Reichsamtes) für Bodenforschung. In dieser Eigenschaft hatte es auch Arbeiten (z. B. Talsperrengutachten) im annektierten Sudetenland durchzuführen.

Das Gebäude Schlossplatz 1 in Freiberg im Jahre 1937 vor dem Einzuges des Amtes.
Das Gebäude Schlossplatz 1 in Freiberg im Jahre 1937 vor dem Einzuges des Amtes, Quelle: LfULG 

Nach dem zweiten Weltkrieg

In der Periode von 1945 bis 1961 waren zunächst die Arbeit des Geologischen Dienstes insgesamt wieder anzukurbeln und die ausgelagerten Archivbestände zurückzuführen. Nach seiner Rehabilitierung hatte Kurt Pietzsch ab 1947 die kommissarische Leitung übernommen, bevor er 1951 als Chefgeologe eingesetzt wurde. Unter weitgehender Zurückstellung aller übrigen Arbeiten rückte die Lagerstättenforschung in den Vordergrund, um mit praxisorientierten Arbeiten zur Rohstoff- und Energiegewinnung den Wiederaufbau der Volkswirtschaft zu unterstützen. In diese Phase fallen beispielsweise auch abschließende Gutachten der sächsischen Steinkohle- und Torfvorkommen zur Erschließung zusätzlicher Brennstoffvorräte sowie Gutachten für den Bau der ersten Talsperren nach Kriegsende zur Trinkwasserversorgung, aber auch zur Versorgung für den westsächsischen Uranbergbau der SAG/SDAG Wismut. Die Erkundung von Steine/Erden-Rohstoffen gewann an Bedeutung.

Kurt Pietzsch im Kreise seiner Mitarbeiter 1949 an seinem 65. Geburtstag

Kurt Pietzsch im Kreise seiner Mitarbeiter 1949 an seinem 65. Geburtstag, Quelle: LfULG

Nachdem im Zeitraum von 1955 bis 1961 hinreichend Fachleute zur Verfügung standen, konnte in mehreren Bereichen mit der Grundlagenforschung begonnen werden. Nach einzelnen Versuchen im Vorfeld kam ab 1957 die Kartierung in der Lausitz, ab 1960 im Vogtland zustande. 1958 erfolgte die Gründung einer eigenen Abteilung Kartierung. Mit dem Projekt »Tiefenkartierung Nordrand Sächsische Lausitz« begann das bis dahin größte Bohrprogramm.

Der geologische Dienst als Volkseigener Betrieb der DDR

Eingebunden in einen Prozess der Einführung industriemäßiger Produktion auch bei der Rohstofferkundung der DDR wurde 1961 der Geologische Dienst Sachsen in einen Volkseigenen Betrieb umgewandelt, in den VEB Geologische Erkundung Süd, Freiberg/Sachsen. Die gutachterliche Tätigkeit verlagerte sich auf die in dieser Zeit gegründeten Bezirksstellen für Geologie bei den Räten der Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt und Leipzig.

Der Schwerpunkt der Arbeiten im Betrieb (ab 1968 Betriebsteil Freiberg des VEB Kombinat Geologische Forschung und Erkundung Halle, ab 1979 VEB Geologische Forschung und Erkundung Freiberg) verblieb nach wie vor bei der Rohstofferkundung mit den dazu gehörigen Forschungsarbeiten auf Erze/Spat, Nickel und Kupfer. Als Energierohstoff rückte die Braunkohle an vorderste Stelle. Auch die Steine/Erden-Erkundung nahm einen bedeutenden Platz ein. 1960 wurde die Abteilung Angewandte Geologie gegründet, deren Arbeitsschwerpunkt in der Hydrogeologie lag. Die ingenieurgeologischen Arbeiten konzentrierten sich auf Fragestellungen des wasserwirtschaftlichen Speicherbaus (»Talsperrengeologie«). Die ebenfalls neu geschaffene Abteilung Bodengeologie befasste sich vor allem mit der bergbaulichen Wiederurbarmachung. 1962 konnten gemeinsam mit den tschechischen Kollegen die grenzüberschreitenden Blätter der Geologischen Karte 1 : 200 000 fertig gestellt werden. Mitte der 60er Jahre begannen dann auch die ersten Auslandstätigkeiten von Kollegen des Betriebes in der ČSSR, in der Mongolei, in Ungarn und im Jemen, später auch in einigen afrikanischen Staaten.

Das Gebäude in der Halsbrücker Straße 31a um 1987.

Das Gebäude in der Halsbrücker Straße 31a um 1987, Quelle: LfULG

Die wissenschaftliche Arbeit wurde ab Ende der 60er Jahre überschattet und behindert durch die sich zuspitzenden Geheimhaltungsbestimmungen für den Rohstoffsektor. Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre konzentrierten sich die Publikationstätigkeiten fast ausschließlich auf Exkursionsführer der Gesellschaft für geologische Wissenschaften. Selbst die »Geologische Übersichtskarte der Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt, Leipzig« im Maßstab 1 : 400 000 wurde aus übertriebener Geheimhaltung 1968 verzerrt heraus gegeben.

Neubeginn 1989/1990

Zu Beginn der politischen und wirtschaftlichen Wende im Osten Deutschlands im Jahre 1989 setzten sich föderalistisch gesonnene, kompetente und den Traditionen des Sächsischen Geologischen Landesamtes verpflichtete Mitarbeiter an die Spitze einer Bewegung, die über einen »Runden Tisch Geologie Sachsen« und dann über einen Aufbaustab die amtliche Geologie in Sachsen als »Bereich Boden und Geologie« im Landesamt für Umwelt und Geologie am Standort Freiberg neu aus der Taufe hob. Der Übergang oder ihr Eintritt in den Vorruhestand konnte für viele Mitarbeiter über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zum Themenkomplex »Sicherung geowissenschaftlicher Datenbestände« abgefedert werden. Gleichzeitig war es dadurch möglich, mit deren Sachkenntnis zu früheren Erkundungsobjekten unterschiedliches geowissenschaftliches Datenmaterial aus geologischen und geophysikalischen Datenbeständen, aus Dokumentationen zu den in Schließung befindlichen Bergbaubetrieben und Bohrkernlagern oder aus den plötzlich in großer Anzahl anfallenden temporären Aufschlüssen zu sichern.

Mit dieser Datensicherung wurde ein wichtiger Beitrag geleistet, den über die Jahre angesammelten Datenfonds vollständig zu erhalten und zu erweitern. Der wieder eingerichtete Geologische Dienst stand jetzt vor neuen Aufgaben und Herausforderungen. Die enorm gewachsenen und weiter wachsenden Kenntnisse zur Geologie des Freistaates mussten in geeigneter Form gebündelt werden, um ihn in Form von Kartenwerken und Berichten der praktischen Nutzung vorhalten zu können. Wissenschaftliche Erkenntnisse waren durch neue Forschungsergebnisse zu bestätigen und weiter zu entwickeln. Bereits vorhandene Erfahrungen waren auf zu erarbeitende geologische Modelle zu übertragen. Hausleitung und Mitarbeiter standen vor der Aufgabe, den notwendigen Wissenstransfer zu unterschiedlichen geologischen Fragestellungen zwischen den verschiedenen Fachbereichen zu entwickeln, um unter Hinzuziehung geologischen Sachverstandes letztendlich auch das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft in wichtigen Fragen beraten zu können. Darüber hinaus konnten zahlreiche Kontakte zu Hochschulen und Forschungseinrichtungen, teils auch im Ausland, aufgebaut werden, um Informationen auszutauschen und über gemeinsame Projekte die Zusammenarbeit zu entwickeln.

Aus dem Flugzeug fotografiert. Blick auf die Halsbrücker Straße mit dem Gebäudekomplex des Standortes Freiberg des LfULG (linke Bildhälfte).

Blick auf die Halsbrücker Straße mit dem Gebäudekomplex des Standortes Freiberg des LfULG (linke Bildhälfte), Quelle: LfULG/H. Blischke

Drei Tätigkeitsberichte zwischen 1991 und 2003 dokumentieren die vor dem Hintergrund mehrerer Strukturreformen gelaufenen Arbeiten. 2003 wurden die verbliebenen geologischen Referate in einer Abteilung Geologie des Landesamtes für Umwelt und Geologie (LfUG) zusammengefasst, von der die Bodenkunde und die Geochemie abgespalten worden waren. Bei der nächsten Fusion 2008 fand die Geologie als Abteilung 10 ihren Platz im Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG). Mit weiter vermindertem Personalbestand setzt sie sich für die Nachhaltigkeit in der Energie-, Wasser- und Rohstoffversorgung ein, berät bei Georisiken sowie Baugrundproblemen und unterstützt Vorhaben des Geotopschutzes. Eine wichtige Aufgabe ist auch die fachtechnische Beratung von Fach- und Genehmigungsbehörden.

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